Porsche Jagdwagen Typ 597, eine etwas längere Restauration
Eigentlich wollten mein Bruder und ich in den 70er Jahren einen Bus Typ 2 BJ 70 auf Allrad umbauen. Ich hatte damals im Hinterkopf, dass es von Porsche einen Jagdwagen gegeben hatte mit Allradantrieb, Portalachse hinten und eine ähnliche Vorderachse wie der Bus.
Über eine Anzeige in MOTOR UND SPORT meldete sich ein 597 - Besitzer aus Leverkusen. Leider stimmten die Angaben über den Zustand des Fahrzeugs, wie so häufig nicht. Es stimmten nur die Eintragungen im Fahrzeugschein und - dass der Wagen motorlos war.
Erster Besitzer war Dr. Ing. hc. Porsche (August 1958), zweiter Besitzer ein Textilgroßhändler aus Neuss ( Oktober 1960), dritter Besitzer war die freiwillige Feuerwehr Morsbach/Sieg (April 1969 bis April1972).
Das Baujahr 1958 und der km-Stand von 26.000 ließ für die Technik hoffen.
Mit der Abschleppstange zogen wir den Wagen nach Bergisch Gladbach zu einer freien Garage bei der Verwandtschaft meiner Frau. Von Mai 1979 bis August 1986 blieb er dort ungestört. Dann wurde er nach Friedberg überführt.
Pfingsten 1980 habe ich von einem Jagdwagenbesitzer bei Forchheim einen Hänger voll Motorteile erhalten, aus denen ich einen kompletten Motor bauen konnte. Allerdings mit einem Schwungrad vom Porsche 356. Was zwar für den Probelauf mit VW- Getriebehälfte funktionierte. Erst Jahre später stellte sich heraus, dass zum Typ 597 ein eigenes tieferes Schwungrad gehört. Auch die fehlende hintere Stoßstange habe ich erhalten.
Aus der Literatur zum Jagdwagen ist zu entnehmen, dass die Bundeswehr damals verlangt hatte, möglichst viele Serienteile des 356 zu verwenden. Dem ist aber nicht so. Man baute z. B. den Porsche Stationärmotor ein. Dieser hat einige kleine Unterschiede zum Motor des 356. Die Pleuellagerschalen haben die Fixiernase auf der anderen Seite und waren für mich nicht mehr zu beschaffen. Ich musste auf Pleuel vom 356 umrüsten, nicht gerade billig.
Dafür erhielt ich - fast geschenkt - passende Kolbenringe von einem Motorinstandsetzer hier in Augsburg. Die Ersatzteilliste überließ mir damals freundlicherweise der 365-Teile Spezialist Herr Wenzel aus Langenau zum Kopieren.
In dieser Liste ist der Motorteil das Ausführlichste (wegen Stationärmotor). Die übrige Beschreibung der Technik besteht aus Zusammenstellungszeichnungen mit Teile -Nummer und Titel. Immerhin hatte ich nun Unterlagen, auch eine Betriebsanleitung fand sich im Laufe der Zeit. Bei Fichtel & Sachs gab es einen alten Herrn, der die Stoßdämpfer überholte.
Die Restauration begann mit der Oberseite der Karosse.
Um Verzug zu vermeiden, schraubte ich eine Diagonalverstrebung vom Haubenhalter bis zur Scheibenrahmenbefestigung an.
Die Motorhaubenarme waren abgerissen, da die Schanierbolzen fest gerostet waren, und die Haube war total deformiert. Mit Primitiv-Werkzeuge aus Alu fertigte ich weg gerostete Blechteile nach.
Neben der kaum noch vorhandenen Bodenplatte, waren von den vorderen und hinteren Radkästen und dem Motorraum nur noch Fragmente vorhanden.
Das Kanisterfach wurde nicht mehr angeschweißt sondern verschraubt.
Den Benzintank behandelte ich mit Tanksiegel KREM WEISS.
Für die Arbeit an der Bodenplatte musste eine Schwenkvorrichtung organisiert werden.
Nach der Montage auf die Schwenkvorrichtung wurden die 2 vorderen Querträger durch nach gefertigte Teile ersetzt und eine neue Getriebedurchführung eingeschweißt.
Damit ist der vordere Rahmenteil wieder stabil.
Als nächstes kam die Flex zum Einsatz, um das mehrfach überschweißte Bodenblech schrittweise zu entfernen und die hintere Drehstabstütze frei zu legen.
Nach deren Wiederherstellung kam der mittlere rechte Querträger an die Reihe.
Dieser dient an der Außenseite auch als Wagenheberaufnahme. Dafür braucht es auch neue Verstärkungs- und Stützbleche.
Als Bodenplatte habe ich das Laderaumblech der VW Bus Typ 2 – Pritsche verwendet, wegen der starken Verrippung. Es war 2-teilig, mittig verpunktet und ließ sich teilen, so dass jeweils eine Seite der Bodenplatte komplett geschweißt werden konnte.
Das Verstärkungsblech für den „Mitteltunnel“ bezog ich von Reifen Wagner, Landshut. Dort werden unter anderem 597-er restauriert und man hat einen guten Blechner in Ungarn an der Hand.
Nach 3-jähriger Suche bekam ich aus der Schweiz von der Firma TEZET Zeichnungen für den Schalldämpfer. Nachdem der Schalldämpfer während des Winters 2004 / 05 fertig wurde, kam das Erwachen beim Probelaufversuch im Wagen. Ich wollte doch den Sound hören! Aber der Anlasser drehte im Freien. Das 356-Schwungrad war zu kurz! Eine Suchanzeige im MARKT war erfolglos. Erst nach vielen Telefonaten wurde ich bei Fa. Freisinger in Karlsruhe fündig. Es war zwar „vergoldet“, aber neu und was kann ich bei nur 71 gebauten Fahrzeugen verlangen!
Zwischendurch gab es eine Ausleihaktion in die Schweiz. Die Fa. Reust, Amriswil, hatte einen Jagdwagen zu restaurieren, an dem die Verdeckschere und der Frontscheibenrahmen und noch andere Teile fehlten. Reust hat die Sachen sauber nach gebaut.
Solche Hilfsaktionen sind immer nützlich, stellte ich doch fest, dass z.B. die Betätigung der Heizung aus dem Käfer bis Baujahr 1964 und Bus -Typ 1 stammte. Darüber hatte ich mir bisher noch keine Gedanken gemacht.
Eine schlecht gelaufene Anlasserbeschaffung führte zu der Erkenntnis, dass die Läuferachsenmitte 7,5mm gegen die Flanschschraubenmitte versetzt ist, was sehr selten bei Anlassern ist!
Interessant ist, der linksdrehende Anlasser des Jagdwagens hat am Flanschkopf die Nummer AL651 L, der Munga-Anlasser ALL651 L ohne Mittenversatz und ist rechtsdrehend! Beide sind für 24 Volt ausgelegt und haben ein 9 Zähne Ritzel für einen Schwungradkranz 109 Zähne, wie der 6 Volt VW-Anlasser oder wie der Anlasser für den Porsche 356.
Nachgefertigt wurden die Haubenhalterböcke, der Unterfahrschutz aus Stahlpanzerrohr und –Bögen. Das Material stammt aus dem Elektroinstallationsbereich.
Der Schleifkontakt am Lenkrohr für die Hupe lässt sich nachbauen: aus Fahrradventil mit Gewinde M 8 x 0,8 , Hartgewebestange dmr 12 und Schleifkohlen von „Elektrokohle Köln“ hier in Friedberg.
Ein Artikel im Porsche Magazin Nr. 14 über den Jagdwagen hat meine Farbentscheidung für meinen 597 erleichtert. Dort heißt es: „.ursprünglich saharagelb lackiert“. Also meine Farbe ist Toyota beige 412 (wie das „Buschtaxi“).
Der derzeitige Restaurierungsstand: die fertig lackierte Karosse hängt jetzt an der Decke, wegen des ausgebauten Getriebes, das gesäubert und neu gelagert wird. Es bekommt Achsmanschetten von VW.
Die Radbremszylinder stammen vom Käfer BJ 1950 – 1957 mit Zylinderdurchmesser 19,05. Diese sind auch im Porsche 365 verbaut. Günstige Bezugsadresse ist „VW-Teile Schmidt-Lorenz“, Hamburg. Der Bremsschlauch vorne stammt von Porsche 365 B, Länge 35 cm, der Hintere von VW.
Als Aufhängeband für die Bremsschläuche kann Rollladengurt verwendet werden.
Wie geht es weiter:
Einbau des überholten Getriebes, und Überholung der Vorderachse samt Antrieb.
2011 soll er fahrbereit sein!
Christian Speer